Starke Regenfälle haben in diesem Winter viele Teile Deutschlands überschwemmt. Ein wachsendes Problem, dem sich die Allianz mit dem neuen Schadenaußendienstteam »Flex« angenommen hat. Wir haben das Spezialteam in Thüringen begleitet, wo die Flut besonders schlimm wütete. Ein Einsatz zwischen Tränen und Trümmern.
Zur Person
Jens C. Becker ist Leiter des Schadenaußendiensts »Flex«. Der studierte Politikwissenschaftler ist seit mehr als 20 Jahren bei der Allianz tätig und engagiert sich ehrenamtlich als Reserveoffizier bei der Bundeswehr. Dort leitete er bereits den Einsatz bei einer Hochwasserkatastrophe. Mit seinem neuen Team unterstützt er flexibel bei Unwettern, die zu einer großen Zahl an Schäden führen.
Es verschlägt einem sofort den Atem, wenn man die Wohnung von Angelika Färber betritt. Der modrige Geruch von Schimmel beißt in der Nase und lässt nicht mehr los. Im Wohnzimmer ist von der Einrichtung nur noch die Tapete zu erkennen. Halb abgeblättert klebt sie an der Wand. Lediglich die fröhlich flatternden Schmetterlinge darauf zeugen von einer heilen Welt vor der Katastrophe.
Die ereignete sich an Heiligabend 2023. In weniger als einer Stunde mutierte der kleine Bach Zorge im thüringischen Windehausen zu einem reißenden Strom. Der gesamte Ort wurde überflutet. Rund 300 Feuerwehrleute und Helfer:innen waren im dortigen Kreisgebiet Nordhausen im Einsatz. Mehr als 70.000 Sandsäcke wurden verbaut. »Das Wasser kam sturzartig«, erzählt die 70-Jährige, »wir haben mit Säcken die Tür abgedichtet, aber es hat nichts geholfen.« Frau Färber und ihr Lebenspartner konnten nur noch zuschauen, wie das Wasser im Erdgeschoss kniehoch stieg. »Da war mir klar, wir müssen hier raus«, erinnert sie sich. Familienmitglieder befreiten das Paar am ersten Weihnachtsfeiertag mit dem Traktor aus den Fluten. Der Strom wurde abgestellt, die Toiletten funktionierten nicht mehr. Alle Einwohner des Dorfes wurden evakuiert – teilweise in Booten.
Eine Woche später kam Frau Färber zurück in ein zerstörtes Zuhause. Ihre Habseligkeiten trieben auf dem Wasser. Die meisten Möbel konnten nicht mehr gerettet werden. Der Schmutz war durch die nassen Wände hochgekrochen. Jetzt galt es für die Allianz Kundin, die entstandenen Schäden schnell feststellen zu lassen. Sie informierte ihren Allianz Generalvertreter vor Ort ein, Karsten Schmidt. Der versprach ihr, sich sofort zu kümmern.
Direkt vor Ort: Unser Videoteam hat das Schadenteam der Allianz einen Tag lang begleitet
Er meldete den Schaden. Es wurde unverzüglich ein Schadenregulierer aus dem Flex-Team des Schadenaußendiensts beauftragt, den die Allianz für Katastrophenfälle wie diesen ins Leben gerufen hat. Die neue Spezialeinheit kommt bei Massenschadenereignissen und Unwettern zum Einsatz, die kurzfristig eine große Zahl an Sachschäden verursachen. »Wenn die regionalen Schadenaußendienst-Teams die Schäden nicht mehr alleine bewältigen können, müssen wir los«, erklärt Jens C. Becker. Der Leiter Flex-SAD alarmiert sein Team, wenn es zu extremen Wetterlagen kommt. Dann schickt er umgehend Schadenregulierer aus ganz Deutschland in die Schwerpunktregionen – ein Service, der aus den wachsenden Extremwetterlagen resultiert. Denn diese häufen sich leider, wie Becker weiß: »Naturkatastrophen nehmen zu. Allein die immer kürzere Abfolge unserer Einsätze zeigt das. Wir rechnen heute in Deutschland mit zwei bis drei Einsätzen pro Jahr.«
Ein aktuelles Beispiel bot das Sturmtief »Zoltan« kurz vor Weihnachten. Mit gleich vier Kollegen ist er nach Thüringen ausgerückt, um die Schäden rasch und vor Ort zu begutachten. Einer seiner Mitarbeiter ist Milan Schlösser. Der in Essen wohnhafte Schadenregulierer ist direkt zu Neujahr nach Thüringen gereist. Seitdem besucht er täglich Kundinnen und Kunden, begutachtet Schäden und leistet außerdem seelischen Beistand. »Wenn man sieht, was die Leute hier erlebt haben, ihre Geschichten hört, dann fühlt man automatisch mit«, erzählt er. Gerade so eine Katastrophe zu Weihnachten habe die Menschen besonders schlimm getroffen.
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So wie Familie Bahr, bei der das Wasser auch nach mehr als drei Wochen noch im Keller steht. Stephanie Bahr schildert die Ereignisse vom Heiligabend. Die vierfache Mutter erzählt unter Tränen: »Zuerst drückte das Grundwasser den Pool aus der Erde. Da konnten wir noch nicht ahnen, wie schlimm es wird.« Während die sechsköpfige Familie im Erdgeschoss mit den Großeltern Weihnachten feierte, schöpfte ihr Mann noch hoffnungsvoll Wasser aus dem Keller. Bis er nicht mehr gegen die Massen ankam. Die Pegel stiegen gnadenlos. Als das Wasser von der anderen Straßenseite in den Vorgarten schoss, konnte die Familie nur noch die Hunde aus den Zwingern holen, den Strom abstellen, ihre Koffer packen und sich selbst in Sicherheit bringen. Zunächst kamen sie bei Verwandten unter.
»Als wir wieder in unser Haus zurückkamen, traf uns der Schlag«, sagt Bahr. Das gesamte Grundstück war überschwemmt. Der Keller war komplett vollgelaufen. Die Heizung stand unter Wasser. Die Öltanks hingen schief. Der stechende Geruch des ausgelaufenen Öls liegt bis heute in der Luft. Die Schäden sind enorm. Die Elektroinstallationen des Hauses sind beschädigt. Der Keller muss trocknen. Was lange dauern wird, denn die Feuchtigkeit ist schon in die Wände hochgezogen. »Der schlimmste Moment kam aber, als mir mein sechsjähriger Sohn sein Weihnachtsgeld angeboten hat«, erinnert sie sich und schluchzt, »damit wir unser Haus reparieren können.« Mehr rührende Hilfe kam von den besten Freunden der Familie, die Spenden sammelten.
Die finanziellen Sorgen konnte der Familie aber vor allem ihre Versicherung nehmen, denn die Bahrs haben solche Schäden in ihrem Vertrag abgedeckt. »Wichtig ist, dass Kund:innen bei ihrer Wohngebäude- und Hausratversicherung den Zusatzbaustein für Elementarschäden abgeschlossen haben«, erklärt Schadenregulierer Schlösser. Nur dann sind sie bei Überschwemmungen, Sturmschäden, Lawinen oder sogar Erdbeben finanziell abgesichert. »Die schlimmsten Schäden sind die, die nicht versichert sind«, sagt er, »weil ich dann dastehe und nichts machen kann.«
Glück im Unglück hatte auch Ullrich Kerber – nicht nur wegen seiner Versicherung. Der 79-jährige Rentner lebt mit seiner Ehefrau in Bielen bei Nordhausen. Als sein Grundstück am Weihnachtsabend überschwemmt wurde, stellten Einsatzkräfte den Strom ab. Doch der pensionierte Ingenieur konnte ein Notstromaggregat ergattern. So liefen die Wasserpumpen weiter und verhinderten schlimmere Schäden an seinem Haus. Dennoch sind die Fußböden kaputt, die Türen müssen ausgetauscht werden.
Auch wenn Kerber vergleichsweise glimpflich davongekommen ist, hat die Flut an seinem sonst so sonnigen Gemüt Spuren hinterlassen. Immer wieder stockt seine Stimme, während er versucht, von den Ereignissen zu berichten. Wie er gegen die Wassermassen kämpfte, gemeinsam mit Familienmitgliedern Sandsäcke befüllte und bis heute versucht, sein Haus und den Garten von Schlamm zu befreien und bestmöglich zu renovieren. »Das Wändetrocknen ist eine Sache, aber das Augentrocknen ist viel schlimmer«, gesteht er. Auch der ihn betreuende Allianz Generalvertreter Schmidt war schockiert, als er am ersten Weihnachtsfeiertag zur Schadenaufnahme kam: »Er stand weinend in der Tür. Dabei ist Ulli immer voller Lebensfreude.«
Trotz allen Leides zieht sein Kollege vom SAD-Team Schlösser auch ein positives Fazit: »Am Ende des Tages kann ich den Menschen helfen. Es ist so ein schönes Gefühl, wenn ich ihnen sagen kann: Macht euch keine Sorgen, es wird alles gut.«
Glücklicherweise konnte Schlösser auch Angelika Färber und ihrem Partner in Windehausen eine gute Nachricht überbringen. Ihre Haushaltversicherung, die sie noch zu DDR-Zeiten abgeschlossen hatte, beinhaltet eine Elementardeckung. Die alten Verträge wurden von der Allianz übernommen. Ihr Hausrat ist damit abgesichert.
»Ich wache morgens auf und denke, es ist vorbei. Dann komme ich die Treppe runter und bin wieder mittendrin.«
Allianz Kundin Angelika Färber
Trotzdem zieht es das Paar aus ihrem Heimatort. Angelika Färber lebt seit 25 Jahren in Windehausen. Ihr Lebensgefährte ist hier geboren. Noch nie haben sie ein solches Hochwasser erlebt. »Ich bin in einem Albtraum gefangen«, beschreibt Färber die Situation. »Ich wache morgens auf und denke, es ist vorbei. Dann komme ich die Treppe runter und bin wieder mittendrin.«
Deswegen wollen sie so schnell wie möglich eine Wohnung in der Stadt mieten. Wie es mit ihrem Haus weitergeht, wenn die Wände trocken sind, wissen sie noch nicht. Nur für die Gartenarbeit will Färbers Lebensgefährte zurückkommen. Um Salat, Radieschen und Kartoffeln anzupflanzen. Wenn sich die Natur wieder erholt hat von der Katastrophe.
Text Magdalena Scheck
Fotos Maximilian Gödecke
Video Max-Martin Bayer, Sven Dittgen