26.03.2025

Krebsrisiko senken: So können Sie aktiv vorbeugen

Zur Person

Dr. Anke Ernst ist Fachapothekerin für Arzneimittelinformation sowie Medizin- und Onlinejournalistin. Seit über 15 Jahren arbeitet sie beim Krebsinformationsdienst. Seit 2019 leitet sie die Redaktion Internet und Social Media für www.krebsinformationsdienst.de

Ist eine Krebserkrankung Schicksal oder Folge des individuellen Lebensstils? Fachleute beantworten diese Frage mit »Sowohl als auch«. Man geht heute davon aus, dass mit bestimmten Maßnahmen rund 40 Prozent aller Krebserkrankungen vermeidbar wären. Das bedeutet jedoch nicht, dass Betroffene ihre Erkrankung selbst verschuldet haben. Doch es gibt Möglichkeiten, das persönliche Risiko zu senken. Welche das sind und wie sie im Alltag umsetzbar sind, erklärt unsere Expertin vom Krebsinformationsdienst. 

Dank medizinischem Fortschritt und besserer Früherkennung haben sich die Heilungschancen bei vielen Krebserkrankungen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert. Trotzdem erkranken noch immer viele Menschen an Krebs. Doch Expert:innen und Institutionen wie die Deutsche Krebshilfe weisen darauf hin, dass 40 Prozent aller Neuerkrankungen durch die Vermeidung bekannter Risikofaktoren und gezielte Vorsorge verhindert werden könnten.

Wichtig: Das bedeutet nicht, dass Betroffene ihre Erkrankung selbst verschuldet haben. Denn Krebs entsteht eben nicht nur durch vermeidbare Risikofaktoren, sondern auch durch zufällige genetische Fehler bei der Zellteilung, die mit zunehmendem Alter häufiger auftreten und nicht immer vom körpereigenen Reparatursystem behoben werden können. Je früher Krebs erkannt wird, desto besser sind die Behandlungschancen. Daher sind regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen von großer Bedeutung und erhöhen die Heilungschancen der betreffenden Krebsarten.

Kleine Schritte, große Wirkung

»Stellen Sie sich vor, Sie könnten mit jedem Schritt, den Sie gehen, jeder Mahlzeit, die Sie genießen und mit jedem Moment der Achtsamkeit aktiv Ihre Gesundheit stärken.« Für Dr. Anke Ernst, Redaktionsleiterin beim Krebsinformationsdienst und Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, beschreibt dieses Bild gut, worauf es bei der Krebsprävention ankommt.

Das Thema Krebsvorsorge ist umfassend und vielschichtig. Deshalb ist es wichtig, sich nicht von einer langen Liste an Maßnahmen abschrecken zu lassen. »Man muss nicht alles zu 100 Prozent nach dem Lehrbuch machen. Es reicht, mit kleinen, realistischen Veränderungen zu beginnen. Wer sich zu viel vornimmt, riskiert, entmutigt aufzugeben«, betont die Expertin. Ihr Tipp: Erst einmal überlegen, welche Maßnahmen sich im eigenen Alltag wirklich umsetzen lassen. So stellen sich schneller Erfolge ein – und diese motivieren, dranzubleiben.

Die wichtigsten, wissenschaftsbasierten Anti-Krebs-Empfehlungen sind im »Europäischen Kodex zur Krebsbekämpfung« gebündelt. Es handelt sich um eine Initiative der Europäischen Kommission, die Menschen über wirksame Strategien zur Krebsprävention informiert. Die Veröffentlichung zeigt auf, welche Maßnahmen Einzelne oder Familien ergreifen können, um ihr Erkrankungsrisiko zu senken. Wir haben die Maßnahmen zusammengefasst:

1. Schädliche Gewohnheiten ändern

Rauchen ist der mit Abstand größte Risikofaktor für etliche Krebsarten. Mehr als 80 Prozent aller Lungenkrebsfälle in Deutschland sind auf das Rauchen zurückzuführen. In Kombination mit Alkoholkonsum verstärkt sich das Risiko, an Krebs zu erkranken. »Gerade für den Mund- und Rachenraum sowie die Speiseröhre ist diese Kombination besonders problematisch«, erklärt Dr. Anke Ernst.

Wie positiv sich ein Rauchstopp auf die Gesundheit auswirkt, ist gut erforscht. »Schon nach wenigen Tagen verbessern sich die Atemwegsfunktionen, und der Blutdruck sinkt«, so Ernst. Der »Tabakatlas«, ein vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) herausgegebenes Handbuch rund um Tabakkonsum und dessen Auswirkungen, zeigt zudem, dass sich innerhalb weniger Jahre das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie viele Krebsarten deutlich reduziert. »Nach zehn Jahren halbiert sich zum Beispiel das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken.« Der Verzicht lohnt sich in jedem Alter. »Natürlich gilt: je früher, desto besser.  Aber selbst ein später Rauchstopp bringt gesundheitliche Vorteile.«

Wer es momentan nicht schafft, mit dem Rauchen aufzuhören, kann zumindest seinen Fokus auf eine gesunde Ernährung, viel Bewegung oder Alkoholverzicht legen. Jeder Schritt in die richtige Richtung zählt – und macht langfristig einen Unterschied.

Auch beim Thema Alkohol sind sich Expert:innen und die Fachgesellschaft Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) inzwischen einig: Eine, aus Sicht der Krebsprävention, unbedenkliche Menge Alkohol gibt es nicht. »Auch, wenn man es vielleicht nicht gerne hört: Die beste Maßnahme ist tatsächlich, gar keinen Alkohol mehr zu trinken«, betont Dr. Anke Ernst. 

2. Regelmäßige Bewegung in den Alltag integrieren

Regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung tragen dazu bei, den Energiehaushalt im Gleichgewicht zu halten und auf diese Weise Übergewicht zu vermeiden beziehungsweise abzubauen. Damit sind sie wichtige Faktoren zur Krebsprävention, da Übergewicht das Risiko für verschiedene Krankheiten, einschließlich einiger Krebsarten, erhöht. Laut der Deutschen Krebshilfe geht man davon aus, dass in Deutschland rund sechs Prozent aller Krebsfälle durch ausreichende körperliche Aktivität vermieden werden könnten.

Auch der Stoffwechsel wird positiv durch Sport beeinflusst – ein wichtiger Faktor, da er eng mit dem Körpergewicht zusammenhängt. Zudem senkt Bewegung den Insulinspiegel und reguliert bestimmte Zellhormone im Blut. »Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass Sport chronische Entzündungsprozesse reduziert und das Immunsystem stärkt – beides könnte eine schützende Wirkung gegen Krebs haben.«

Doch körperliche Aktivität wirkt sich nicht nur auf das Gewicht und den Stoffwechsel aus. »Studien zeigen, dass regelmäßiges Training biologische Prozesse beeinflusst, die an der Entstehung von Tumoren beteiligt sein können«, so Ernst. Beispielsweise die Konzentration von Geschlechtshormonen im Blut, die bei Brustkrebs oder Gebärmutterkörperkrebs eine Rolle spielen kann. 

Die generelle Empfehlung für Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren lautet: mindestens 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche, idealerweise verteilt auf tägliche Einheiten von etwa 30 Minuten. »Für Menschen über 65 gelten grundsätzlich dieselben zeitlichen Empfehlungen. Allerdings liegt hier der Fokus stärker auf Kraft- und Gleichgewichtstraining, um Stürzen vorzubeugen«, erklärt Ernst. Kinder und Jugendliche wiederum sollten sich täglich mindestens 60 Minuten intensiv bewegen – nicht nur zur Krebsprävention, sondern auch, um Übergewicht vorzubeugen.

3. Auf gesunde Ernährung achten

Statt einzelner Lebensmittel sollte ein ausgewogener Speiseplan im Fokus stehen. Eine krebsvorbeugende Ernährung basiert auf Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, viel Obst und Gemüse. Gleichzeitig sollten stark verarbeitete Lebensmittel – in der Fachsprache »Processed Food« genannt – vermieden werden. Dazu zählen etwa Fertiggerichte.

Auch die Deutsche Krebshilfe betont, dass unsere Nahrung zahlreiche verschiedene Stoffe enthält – einige können das Wachstum von Krebszellen fördern, andere hingegen bremsen es. Wissenschaftlich gut belegt ist beispielsweise, dass ballaststoffreiche Lebensmittel das Darmkrebsrisiko senken, während der häufige Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch dieses Risiko erhöhen kann.

Keine wissenschaftlichen Hinweise gibt es hingegen dafür, dass Nahrungsergänzungsmittel gegen Krebs wirken – auch wenn manchmal Produkte mit entsprechenden Botschaften beworben werden. Anke Ernst vom Krebsinformationsdienst stellt klar: »Nahrungsergänzungsmittel haben in der Krebsprävention keinerlei Stellenwert und werden in ihrer Wirkung oft überschätzt.«

4. Auf Sonnenschutz achten

Die größte umweltbedingte Gefahr für die Entstehung von Krebs geht von der UV-Strahlung aus. Sie gilt als Hauptursache für Hautkrebs. »Die UV-Belastung summiert sich über das gesamte Leben, weshalb sich jeder Schutz lohnt«, betont Ernst. Die effektivste Maßnahme ist es, die Haut durch entsprechende Kleidung zu schützen und die intensive Mittagssonne zu meiden.

Andere Umweltfaktoren spielen hingegen eine vergleichsweise geringe Rolle bei der Entstehung von Krebs. Schätzungen zufolge sind sie nur für etwa 1 von 100 Krebserkrankungen verantwortlich. Dennoch werden sie in der öffentlichen Wahrnehmung oft stark diskutiert. »Lebensmittelüberwachung, Chemikalien- und Arbeitsschutz, Strahlenschutz – all diese Maßnahmen haben dazu beigetragen, dass das Krebsrisiko durch Umweltbelastungen nicht weiter steigt und in den vergangenen Jahrzehnten sogar gesunken ist. Deshalb ist es wichtig, sich auf die gut belegten Maßnahmen zu konzentrieren, die nachweislich den größten Effekt auf die Krebsprävention haben«, sagt Ernst.

5. Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen

Vorsorgeuntersuchungen spielen eine entscheidende Rolle in der Krebsprävention. »Dabei muss man unterscheiden: Es gibt Untersuchungen zur Früherkennung und solche, die tatsächlich als Vorsorge dienen«, erklärt die Expertin. 

Früherkennung im Zusammenhang mit Krebs bedeutet: Gewebeveränderungen werden zu einem Zeitpunkt entdeckt, zu dem sie noch keine Schmerzen oder andere Beschwerden verursachen. Der Nutzen: Kleine und lokal begrenzte Tumore lassen sich besser behandeln als große oder bereits gestreute Tumore. Eine Mammografie zum Beispiel ist eine Früherkennungsmaßnahme. »Das bedeutet, sie kann Brustkrebs in einem sehr frühen Stadium erkennen.«

Durch eine Darmspiegelung oder den Pap-Test beim Frauenarzt können Krebsvorstufen  erkannt werden. »Bei diesen Untersuchungsmethoden lassen sich Krebsvorstufen erkennen. Das ermöglicht es, auffällige Zellen zu entfernen, bevor sie überhaupt zu Krebszellen werden«, sagt die Expertin. Gelingt es, solche Vorstufen zu entfernen, kann Krebs verhindert werden. In diesem Fall spricht man von Krebsvorsorge. Anke Ernst betont die Bedeutung dieser Maßnahmen: »Seit der Einführung der Darmspiegelung ist die Darmkrebsrate deutlich gesunken.«

Ein weiterer wichtiger Baustein der Krebsprävention sind spezielle Impfungen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die HPV-Impfung: »Sie schützt vor bestimmten humanen Papillomaviren, die Gebärmutterhalskrebs, aber auch andere Krebsarten verursachen können.« Die Impfung wird für Mädchen und Jungen empfohlen und sollte idealerweise vor dem ersten Sexualkontakt erfolgen. Auch die Hepatitis-B-Impfung trägt zur Krebsprävention bei, da das Virus mit einem erhöhten Risiko für Leberkrebs in Verbindung steht. 

Text Maria Dünninger
Foto privat
Illustrationen Mathias Whelan

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