24.10.2024

Mach mal leise

Auf Infoscreens in ganz Deutschland erscheinen derzeit Gesundheitstipps, präsentiert von der Allianz Private Krankenversicherung. 1890 digital nimmt die Ratschläge auf – und vertieft das Wissen in Experteninterviews. Teil 18: Immer mehr Menschen nutzen Kopfhörer im Alltag – ob beim Pendeln, bei der Arbeit oder beim Sport. Doch wie gesund ist das ständige Tragen? HNO-Arzt Dr. Bernhard Junge-Hülsing erklärt, wie das Gehör geschützt werden kann und welche Risiken bei der Nutzung von Kopfhörern und Ohrstöpseln bestehen.

Zur Person

Dr. Bernhard Junge-Hülsing betreibt seit 24 Jahren eine eigene Praxis in Starnberg mit zwei Praxispartnerinnen. Außerdem ist er Belegarzt am Klinikum Starnberg. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind HNO-Kinderoperationen, Schlafmedizin und Schnarchen, Allergiediagnostik und
-therapie. Darüber hinaus ist er Landesvorsitzender des Berufsverbands der HNO-Ärzte in Bayern und Pressesprecher des Deutschen HNO-Berufsverbands sowie Mitglied der KV-Vertreterversammlung. Drei seiner vier Kinder studieren ebenfalls Medizin.

Kopfhörer erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit, vor allem dank der neuen kabellosen In-Ear-Modelle. Doch stellt sich die Frage: Schädigen sie unsere Ohren oder sind sie unbedenklich?
Wie so oft, kommt es auf das richtige Maß an. Den ganzen Tag Kopfhörer zu tragen, ist langfristig nicht gesund. Hörschäden und Schwerhörigkeit bei jungen Menschen sind bereits auf die ständige Nutzung von Kopfhörern zurückzuführen. Bei In-Ear-Modellen liegt der Lautsprecher besonders nah am Trommelfell und kann so leichter Gehörschäden verursachen. Zudem werden Schmutz und Ohrenschmalz tiefer in den Gehörgang gedrückt, was Entzündungen begünstigt. Wer über längere Zeit Kopfhörer trägt, sollte deshalb lieber auf On-Ear-Modelle setzen.

Mit welcher Lautstärke und wie lange kann man Kopfhörer nutzen, ohne das Gehör zu schädigen?
Podcasts werden in der Regel nicht so laut angehört, dass sie das Gehör beeinträchtigen. Musik hingegen wird oft sehr laut konsumiert, hier spielt die Hördauer eine entscheidende Rolle. Wer viel Zeit in der Gaming-Welt verbringt und Spiele mit intensiven Geräuschkulissen liebt – insbesondere solche mit lauten Knallgeräuschen –, sollte dies nicht über Stunden hinweg tun. Bereits eine regelmäßige Lärmbelastung von 95 Dezibel, was dem Geräuschpegel einer laufenden Kreissäge entspricht, kann zu Gehörschäden führen – auch wenn sie nur vier Stunden pro Woche auftritt. Sogar das tägliche Arbeiten in einem lauten Großraumbüro kann eine Gefahr für die Ohren sein.

Grundsätzlich gilt: Man sollte Kopfhörer nicht länger als vier Stunden am Tag nutzen, die Lautstärke nicht zu hoch drehen und nach zwei Stunden eine Lärmpause einlegen.

»Hörschäden entstehen im Grunde genommen ab der Geburt«

Wann entstehen Hörschäden?
Im Grunde genommen ab der Geburt. Unsere Ohren sind tagtäglich einer Vielzahl von Lärmquellen ausgesetzt – sei es dem Straßenverkehr, der Musik in Geschäften oder dem Telefonklingeln am Arbeitsplatz. Diese akustischen Reize belasten unser Gehör. Viele kennen das dumpfe Gefühl in den Ohren nach einem Konzert- oder Klubbesuch. Zwar verschwindet es nach einiger Zeit, aber das Gehör nimmt dabei immer einen gewissen Schaden, unabhängig vom Alter.

Können Kopfhörer Ohrentzündungen auslösen?
In-Ear-Kopfhörer können durch Reibung kleine Verletzungen im Gehörgang verursachen. Besonders im Sommer, wenn man beim Schwimmen im See Wasser ins Ohr bekommt oder beim Sport stark schwitzt, können Bakterien in diese Verletzungen eindringen und Entzündungen hervorrufen. Bei On-Ear-Kopfhörern besteht diese Gefahr weniger.

Wie oft und wie sollten Kopfhörer gereinigt werden? Ist es hygienisch bedenklich, sie zu teilen?
Ich empfehle, In-Ear-Kopfhörer nach Gebrauch mit einem feuchten, sauberen Tuch zu reinigen. Das Teilen von Kopfhörern ist weit verbreitet und unproblematisch, solange beide Personen gesund sind. Wenn jedoch jemand an einer Ohrenentzündung leidet, können Bakterien übertragen werden. 

»Tinnitus kann ein Zeichen dafür sein, dass das Ohr überlastet ist«

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Kopfhörern und Tinnitus?
Tinnitus kann ein Zeichen dafür sein, dass das Ohr überlastet ist. Wenn die Außengeräusche gedämpft werden, ist die Eigenwahrnehmung stärker und kann einen bestehenden Tinnitus verstärken. Ich empfehle daher, Umgebungsgeräusche so weit wie möglich zuzulassen.

Zum Schlafen versucht man Umgebungsgeräusche ja möglichst abzustellen. Viele Menschen nutzen dafür Ohrstöpsel. Sind diese unbedenklich?
Gelegentlich verwendete Ohrstöpsel sind unproblematisch. Allerdings sollten sie nicht alle Umgebungsgeräusche ausblenden, sondern nur extreme Lärmquellen dämpfen. Nachts sollte grundsätzlich eine ruhige Umgebung vorherrschen. Wenn zum Beispiel der Partner schnarcht, liegt das Problem beim Partner, nicht bei den eigenen Ohren. Hier wäre eine Anti-Schnarch-Therapie sinnvoller als ständiger Gehörschutz. Auch wer an einer stark befahrenen Straße wohnt, sollte eher auf schalldichte Fenster setzen. Ohropax ist als schnelle Lösung okay, aber keine Dauerlösung.

Wie reinige ich meine Ohren richtig?
In der Regel reinigen sich die Ohren von selbst: Ohrenschmalz und Schmutz werden von innen nach außen transportiert – wie bei einem Fließband. Menschen mit Hörgeräten, vermehrtem Ohrenschmalz oder Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder Neurodermitis sollten jedoch regelmäßig den HNO-Arzt aufsuchen, um die Ohren professionell reinigen zu lassen. Ansonsten gilt: einfach nach Gefühl vorgehen und die Ohren pfleglich behandeln.

Text Maria Dünninger
Fotos Simon Koy, Heidi Meyer 

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