26.09.2024

Blutzuckerspiegel: So kommt er wieder in Balance

Auf Infoscreens in ganz Deutschland erscheinen derzeit Gesundheitstipps, präsentiert von der Allianz Private Krankenversicherung. 1890 digital nimmt die Ratschläge auf – und vertieft das Wissen in Experteninterviews. Teil 17: Ernährungsmedizinerin Prof. Dr. med. Diana Rubin erklärt, warum ein ausgeglichener Blutzuckerspiegel heute wichtiger denn je ist und gibt Tipps, wie man Süßes besser naschen sollte

Zur Person

Prof. Dr. med. Diana Rubin, Jahrgang 1974, ist Chefärztin am Zentrum für Ernährungsmedizin der Vivantes Kliniken Berlin. Sie ist Expertin für Ernährungsmedizin, Gastroenterologie, Diabetologie und Innere Medizin. Zu ihren Schwerpunkten zählen krankheitsassoziierte Ernährungsstörungen, Adipositas und Diabetes. Seit 2017 ist Prof. Dr. med. Diana Rubin außerdem Vorsitzende des »Ausschuss Ernährung« der Deutschen Diabetes Gesellschaft. 

Frau Dr. Rubin, wir essen zu viel Zucker. Statt der empfohlenen 25 Gramm Zucker pro Tag, konsumieren wir in Deutschland durchschnittlich mehr als 100 Gramm täglich. Warum ist das so gefährlich für unseren Blutzuckerspiegel?
Essen wir puren Zucker – also Süßes –, steigt der Blutzuckerspiegel rasch an. Um dem entgegenzusteuern, wird schlagartig Insulin freigesetzt und der Blutzuckerspiegel entsprechend schnell wieder gesenkt. Dieses Auf und Ab führt zu Heißhungerattacken und dazu, dass wir mehr und unkontrolliert essen. 

Was macht den Blutzuckerspiegel so wichtig?
Der Blutzuckerspiegel gibt die Konzentration von Glukose im Blut an. Um zu funktionieren, muss unser Körper immer einen gewissen Blutzuckerwert aufrechterhalten. Denn Glukose ist primärer Energielieferant für alle Körperzellen – allen voran für das Gehirn und die Muskeln. 

Was passiert bei Unterzucker?
Ist der Blutzuckerspiegel zu niedrig oder zu hoch, kann das negative Folgen für unsere Gesundheit haben. Symptome von Unterzucker können Zittern, Schwitzen oder Konzentrationsstörungen sein. Im schlimmsten Fall kann ein zu niedriger Blutzuckerspiegel sogar zur Bewusstlosigkeit führen. 

Und was passiert bei Überzucker?
Dauerhaft zu hohe Blutzuckerwerte betreffen ausschließlich Diabetiker:innen. Erste Anzeichen für eine so genannte Hyperglykämie können verstärkter Durst, vermehrter Harndrang oder wiederkehrende Infekte sein. Zu den langfristigen Folgekomplikationen gehören Schäden an der Niere, den Augen und den Nerven. Denn der Zucker lagert sich an den Gefäßen, den Nerven und in den Organen ab. Das führt zum Beispiel zu Gefäßverengungen oder vermindert die Fähigkeit von Nerven, Reize weiterzuleiten. 

»Entscheidend beim Blutzuckerspiegel ist ein gesundes Körpergewicht und die Gesamtkalorienbilanz.«

Prof. Dr. med. Diana Rubin, Chefärztin am Zentrum für Ernährungsmedizin der Vivantes Kliniken Berlin

Wer sollte speziell auf den Blutzuckerspiegel achten?
Gesunde Menschen müssen sich in der Regel keine Sorgen darum machen. Steigt der Blutzuckerspiegel nach dem Essen an, schafft es unser Körper, ihn zu regulieren. Dafür ist das Hormon Insulin zuständig. Es sorgt dafür, dass der Zucker in die Zellen gelangt und abgebaut wird. Was danach übrig bleibt, wird erst in der Leber eingelagert und dann in Fett umgewandelt. 

Entscheidend beim Blutzuckerspiegel ist ein gesundes Körpergewicht und die Gesamtkalorienbilanz. Übersteigen wir regelmäßig den Bedarf unseres Körpers, kann das zu Übergewicht führen und Diabetes zur Folge haben. 

Stichwort Diabetes: Hilft eine Haferkur wirklich?
Haferflocken sind ein sehr gesundes Lebensmittel – nicht nur, aber vor allem für Diabetiker:innen. Denn Hafer ist voll von Ballaststoffen, sättigt und enthält Beta-Glucan. Und das senkt nachweislich den Blutzuckerspiegel. Für Diabetiker:innen mit einem hohen Insulinbedarf kann eine ein- bis dreitägige Haferkur also ein bewährtes Mittel sein, um den Blutzuckerspiegel in Balance zu halten.

Wie funktioniert so eine Kur?
An den sogenannten Hafertagen nehmen Betroffene ausschließlich Haferflocken mit etwas Obst oder Gemüse und eine Eiweißportion täglich zu sich. Diabetiker:innen profitieren teilweise bis zu vier Wochen von niedrigeren Blutzuckerwerten. 

Die Reihenfolge, in der wir Nahrung zu uns nehmen, spielt eine Rolle für den Blutzuckerspiegel – Fakt oder Mythos?
Fakt. Essen wir Süßes nach einer fettigen und proteinreichen Mahlzeit, steigt der Blutzuckerspiegel langsamer an. 

Die französische Autorin Jessie Inchauspé hat mit ihrem Buch „Der Glukose-Trick“ einen regelrechten Hype um Glukose ausgelöst. Wie stehen Sie dazu?
Es gibt immer wieder Hypes um einzelne Nährstoffe – sei es Gluten oder Glukose. Davon bin ich grundsätzlich kein Fan. Denn dahinter stecken oft Verkaufsinteressen der Lebensmittelindustrie, die massiv von der Presse aufgegriffen und befeuert werden. Natürlich ist Glukose in großen Mengen ungünstig für den Körper. Statt aber Nährstoffe in »gut« oder »böse« einzuteilen, sollte man auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung achten. Das ist langfristig ein wesentlich sinnvollerer Ansatz.

Text Kyra Wappenschmidt
Fotos Vivantes, Mo Müstenhagen; Simon Koy

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