Aus dem Elternhaus auszuziehen ist für viele junge Menschen ein großer Schritt in Richtung Selbstständigkeit. Doch wie findet man eine passende Wohnform, und welche Versicherungen braucht man zum Start in den neuen Lebensabschnitt? Charly und Loïc berichten von ihren ersten Wohnerfahrungen.
Neues Semester, neue Ausbildung, neue Stadt: Der Herbst ist eine aufregende Zeit mit vielen Neuanfängen für junge Menschen. Und dieser Lebensabschnitt bringt auch eine Menge an neuer Verantwortung mit sich. Denn nicht mehr mit den Eltern zusammenzuwohnen bedeutet auch, sein Leben selbst zu strukturieren, sich um alltägliche Aufgaben zu kümmern und selbst für die richtigen Versicherungen zu sorgen.
Doch häufig ist die erste Hürde die Suche nach einer passenden Wohnung. Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist so angespannt wie nie – gerade zum Semesterstart ist die Konkurrenz groß. Für viele ist die erste Anlaufstelle ein Studentenwohnheim. Doch einen Platz zu bekommen ist schwieriger geworden. »In neun ausgewählten Hochschulstädten, darunter Hamburg und München, stehen momentan mehr als 32.000 Studierende auf der Warteliste für einen Wohnheimplatz«, erklärt Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks gegenüber dem »Handelsblatt«. In Göttingen hat das Studierendenwerk aktuell ein Hotel angemietet, um Studierenden in den ersten Wochen günstigen Wohnraum anbieten zu können. In München gibt es zum Start in das neue Uni- und Ausbildungsjahr ermäßigte Preise auf einem Campingplatz im Süden. Viele müssen auf teuren Wohnraum ausweichen und einen Großteil ihres Einkommens für Miete aufwenden.
»In meinem ersten Jahr der Ausbildung habe ich 875 Euro im Monat verdient. Mein WG-Zimmer hat 530 Euro gekostet«, erzählt Charly, gelernte Hotelfachfrau aus Heidenheim an der Brenz. Ihre Ausbildung hat sie in einem Hotel in München gemacht, dafür ist sie 2021 in die teuerste Stadt Deutschlands gezogen. In München lag der durchschnittliche Preis für ein WG-Zimmer damals bereits bei mehr als 600 Euro – Charly machte ein Schnäppchen mit einer WG mit fünf weiteren Berufstätigen. Danach hat sie damals explizit gesucht – und ist heute noch froh darüber. »Ich will mit Menschen zusammenwohnen, die den gleichen Rhythmus haben wie ich. Damit dienstagabends nicht plötzlich 30 Leute in meinem Zimmer stehen, weil jemand noch Lust auf Feiern hat.« Das Modell WG ist grundsätzlich sehr beliebt in Deutschland, laut Statista wohnen aktuell mehr als die Hälfte der Bevölkerung in WGs.
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Dass jemand ungefragt in seiner Wohnung eine Party schmeißt, kann Loïc nicht passieren. Der 26-jährige Marketingspezialist lebt allein in einer möblierten Wohnung in Düsseldorf – ein Wohnkonzept, das inzwischen viele junge Menschen wählen und dem Loïc während seiner Ausbildungszeit treu geblieben ist. »In den vergangenen sechs Jahren bin ich zehn Mal umgezogen und habe immer in möblierten Wohnungen gewohnt.« Er hat vor allem gute Erfahrungen damit gemacht.
Doch warum steigen die Mietpreise eigentlich immer weiter? Neben der Inflation ist ein weiterer Grund der Wohnungsbau, der seit geraumer Zeit schleppend verläuft. Laut Statistischem Bundesamt sind die Genehmigungen für den Bau von Wohnungen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres sogar drastisch gefallen – um 21,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Gerade für junge Erwachsene in der Ausbildung sind und bleiben die hohen Wohnkosten eine große Belastung. In einer Umfrage des Online-Befragungsinstituts Civey im Auftrag des »Spiegel« gaben 70 Prozent der 18- bis 29-jährigen Befragten an, dass ihnen das Thema bezahlbares Wohnen Sorgen bereitet.
»Für mich ist das WG-Leben kein Kompromiss«
Charly
WG-Bewohnerin Charly kann ihre Miete inzwischen gut stemmen. Sie hat ihre Ausbildung abgeschlossen und verdient ein reguläres Gehalt. Trotzdem hält sie ihrer Sechser-WG die Treue. Für mich ist das WG-Leben kein Kompromiss. Ich genieße es, immer Leute um mich zu haben«, erzählt sie. »Inzwischen sind wir auch ein sehr eingespieltes Team.« Die WG befindet sich in einer Doppelhaushälfte. Jede Person hat ein eigenes Zimmer; Küche, Esszimmer, Wohnzimmer und der große Garten werden gemeinsam genutzt.
Doch auch die beste Organisation kann nicht verhindern, dass es immer mal wieder zu Pannen kommt. Waschmaschine und Spülmaschine sind schon kaputtgegangen, und die Hebeanlage für das Abwasser im Keller macht immer wieder Probleme. »Wir versuchen, alles selbst zu reparieren«, sagt Charly. »Zwei meiner Mitbewohner sind praktischerweise Ingenieure.« Außerdem haben alle eine eigene Privat-Haftpflichtversicherung abgeschlossen, damit Schäden am Eigentum der anderen abgesichert sind. Denn neben einigen gemeinsam angeschafften Sachen haben die Bewohner:innen etliche Einrichtungsgegenstände selbst mit in die WG gebracht. Die meisten sehen die gemeinsame Nutzung ganz entspannt«, erzählt sie. »Nur meine Kaffeemaschine ist mir heilig. Meine Mitbewohner:innen wissen, dass sie da aufpassen müssen.«
»Jetzt habe ich Lust auf meine eigenen Möbel und ein richtiges Zuhause«
Loïc
Loïc ist aktuell wieder auf Wohnungssuche in Düsseldorf. Dieses Mal soll es etwas Festes sein, da er zum ersten Mal in seinem Leben einen unbefristeten Arbeitsvertrag in der Tasche hat. »Jetzt habe ich Lust auf meine eigenen Möbel und ein richtiges Zuhause«, erzählt er, »vielleicht sollte ich mich dann auch mal um eine Hausratversicherung kümmern.« Bis jetzt hat er nur eine Privat-Haftpflichtversicherung abgeschlossen, für das möblierte Wohnen hat ihm das bis jetzt gereicht.
Text Selena Gruner
Bilder Thomas Dashuber, Henning Ross