Skirennfahrerin Lara Markthaler und ihre Eltern ordnen alles dem Traum von einer Olympiateilnahme unter: Sie reisen mit dem Schnee um die Welt und tüfteln an Trainings- und Ernährungsplänen – mit Erfolg
Zur Person
Name: Lara Markthaler
Disziplin: Ski Alpin
Jahrgang: 2007
Lebt in: Leogang (A)
Beruf: Schülerin
Social Media: spunkiiiiii (Instagram)
Heimatverein: SC Leogang
Ihr größter Traum: Olympiateilnahme 2026 in Cortina d’Ampezzo (Italien)
Lara, zwischen der aktuellen Skisaison in Europa und der südamerikanischen Saison, die du im deutschen Sommer von Chile aus zusätzlich bestritten hast, warst du nur für sieben Wochen an eurem Hauptwohnsitz in Österreich. Hast du nicht auch mal die Nase voll vom Schnee und Skifahren?
Ich gehe Skifahren, seit ich eineinhalb, zwei Jahre alt war. Ich kann mir mein Leben ohne Skifahren gar nicht vorstellen. Nach zwei, zweieinhalb Monaten im Schnee freue ich mich dann aber schon, die Ski auch mal wieder abzuschnallen und mit Freunden in die Stadt zu gehen. Aber trainiert wird immer. Bevor die Rennen jetzt wieder losgegangen sind, hatten wir sechs Wochen Konditionstraining, zweimal zwei Stunden am Tag.
Wie sah das aus?
Wir wechseln immer ab zwischen Ausdauer-, Schnelligkeits- und Krafttraining. In den vergangenen Jahren hatte ich viele verschiedene Konditionstrainer, da haben wir so viel gesehen und gelernt, dass wir inzwischen aus all den Sachen ein ganz eigenes Trainingsprogramm für mich zusammengestellt haben.
Du trainierst an rund 320 Tagen im Jahr, 180 Tage davon im Schnee. Macht dir das noch Spaß?
Ja klar. Das ist ein Lifestyle. Ich bin wirklich ein Fan dieses Sports. Mein ganzer Tag dreht sich um Sport, um Leistung, um Ernährung, das gehört auch dazu. Ich will kein anderes Leben. Abwechslung ist wichtig. Und natürlich auch, dass ich zwischendurch etwas mit meinen Freunden mache. So, wie es ist, passt alles für mich.
Musst du dich beim Essen einschränken? Oder achtest du nur darauf, dich gesund zu ernähren?
Ich muss mich schon einschränken. Ich esse glutenfrei, verzichte also auf bestimmte Getreidearten, etwa auf Weizen und Roggen. Insgesamt will ich mich gesund und natürlich ernähren, also keine verarbeiteten Sachen zu mir nehmen. Den Verzicht auf Gluten – und auch auf Schweinefleisch – praktiziere ich, um meine Leistungsfähigkeit zu steigern. Beides fördert Entzündungen im Körper und schwächt ihn dadurch. Meine Mutter kümmert sich darum, sie kocht und hat das alles im Blick.
Deine Mutter als Ernährungsberaterin, dein Vater als Coach – ihr seid ein ziemliches Familien-Dream-Team. Deine Mutter ist Südafrikanerin, dein Vater Deutscher. Welche Sprache sprecht ihr zu Hause?
Ich wechsele am Tag ununterbrochen hin und her. Mit meiner Mama rede ich Englisch, mit meinem Papa Deutsch – und die beiden sprechen Deutsch miteinander. Aber ich wurde noch nie auf Deutsch unterrichtet, ich war immer auf englischsprachigen Schulen. Im Deutschen tue ich mich beim Schreiben etwas schwer, und beim Lesen, wenn es so ultralange Wörter sind. In beiden Sprachen fallen mir manchmal Wörter nicht ein, die ich in der anderen Sprache dann gerade weiß.
Dein Trainer ist dein Vater. Wie funktioniert das? Geht ihr euch auch mal so richtig auf die Nerven?
Ich verbringe sehr viel Zeit mit meinen Eltern, das hat seine Vor- und Nachteile. Insgesamt passt das sehr gut, aber ich schaue auch, dass ich immer mehr meiner Sachen selbst regele und so meinen Freiraum bekomme. Ski- und Fitnesstraining machen wir zusammen, das geht nicht anders. Da haben mein Vater und ich ein ziemlich professionelles Coach-Athleten-Verhältnis.
Er muss Höchstleistungen aus dir herauskitzeln und kann dann sicher nicht immer der liebevolle oder rücksichtsvolle Vater sein, den man sich als junges Mädchen vielleicht wünscht. Wie bekommt ihr das hin?
Mein Papa hat zwei Rollen: Papa sein und schauen, dass es beim Skifahren vorwärtsgeht. Es ist nicht immer einfach, beides zu trennen. Wenn es beim Skifahren nicht so gut läuft, reden wir natürlich auch zu Hause darüber. Aber letztlich dreht sich ja mein ganzes Leben ums Skifahren. Ich denke, das ist im Leistungssport völlig normal.
Dein Vater ist mit dir von klein auf Ski und Mountainbike gefahren. Während eurer Zeit in Kanada hat sich gezeigt, dass du in beidem sehr talentiert bist. Warum hast du dich fürs Skifahren entschieden?Mir macht beides gleich viel Spaß. Aber Skifahren ist weniger gefährlich, das war für meine Eltern ein wichtiger Punkt. Und was ich beim Skifahren auch wahnsinnig cool finde, ist, dass es olympisch ist. Downhill-Mountainbiken ist es leider nicht. Ich habe mich ja dann mit zwölf Jahren entschieden. Das hört sich ziemlich früh an, aber im Leistungssport muss man das in dem Alter machen, man kann nicht zwei Sportarten so professionell durchziehen. Im Sommer fahre ich noch immer sehr, sehr gern Mountainbike – aber das wird jetzt immer weniger.
Hast du keine Sorge, dass noch während deiner Karriere dem alpinen Ski-Zirkus aufgrund des Klimawandels der Schnee ausgeht?
Ich denke schon, dass es noch passt. Wir müssen aber sicherlich immer höher oder weiter in den Norden. Man hat in den vergangenen Jahren schon gemerkt, dass das Gletschertraining im Sommer immer schlechter wird, manche Gletscher sind schon geschlossen. Wir sind deshalb auf die Südhalbkugel gefahren, in Südamerika hatten wir gute Trainingsbedingungen. Man kann den Klimawandel nicht ignorieren, der ist da, aber es wird schon noch eine Weile gehen.
Dein erstes großes Ziel hast du erreicht: Du bist für die Youth Olympic Games Ende Januar in Südkorea qualifiziert. Mit welchen Erwartungen reist du dorthin?
Jugend-Olympia, Wahnsinn, das wird eine tolle Erfahrung. Ich bin im jüngeren von zwei Jahrgängen, es wird sicher sehr schwierig, da ganz oben auf dem Treppchen zu landen. Mein Ziel ist die Top Ten, ich denke, das ist realistisch. Es fahren da einige Mädels mit, die schon Weltcup-Niveau haben. Ich starte bislang erst bei FIS-Rennen (Anm. d. Red.: vom Internationalen Skiverband (FIS) veranstaltete Wettbewerbe, die keiner Rennserie angehören). Aber vielleicht habe ich auch den Lauf meines Lebens, und es geht was. Mal sehen. Ich freue mich auf jeden Fall richtig darauf. Ich war noch nie in Asien und bin sehr gespannt, wie es in Südkorea sein wird. Ich glaube nicht, dass ich ohne Jugend-Olympia jemals in diese Ecke gekommen wäre.
Euer Leben ist sehr ungewöhnlich, auch für Spitzensport-Nachwuchs. Du besuchst eine amerikanische Online-Schule und reist mit deinen Eltern das ganze Jahr um die Welt, alles ist auf dein Training und deine Wettbewerbe ausgerichtet. Wünschst du dir manchmal ein Leben, wie es die meisten anderen Teenager in Europa führen?
Ja und nein. Ich liebe mein Leben, aber manchmal würde ich schon gern mehr auf Partys gehen oder mehr mit Freunden machen. Da gibt es daheim dann schon ein paar Diskussionen. Aber ich weiß ja selbst, dass sich das mit meinem Training nicht ausgeht. Und das ist mir wichtiger. Außerdem habe ich im Ski-Zirkus so viele Freunde auf der ganzen Welt, die ich immer wieder treffe. Das ist auch schön.
Welche Vorteile hat es für dich, eine Online-Schule zu besuchen?
Ich bin wesentlich flexibler, ich kann Schule und Training super aufeinander abstimmen. Wenn es regnet, mache ich auch mal nur Schule. Dafür kann ich dann bei Sonnenschein den ganzen Tag zum Training. Das ist wesentlich effizienter, und ich fühle mich nicht überfordert oder übermüdet durch die Schule. Im Sommer mache ich mehr Schule, so kann ich mich im Winter auf die Rennsaison konzentrieren.
Dein ganz großes sportliches Ziel ist die Olympiateilnahme 2026 in Cortina d’Ampezzo. Wann hast du zum ersten Mal gedacht, dass Olympia etwas für dich sein könnte?
Ich wusste immer, was Olympia ist, ich bin ja quasi seit Tag eins sportlich. Meine Eltern sind bis heute beide sehr sportlich, ich hatte gar nicht die Option, keinen Sport zu machen. Deshalb war Olympia schon immer irgendwie mein Traum. Realistisch geworden ist es aber erst mit den ersten Skirennen, als ich gesehen habe, dass ich ganz gut bin.
Was verbindest du mit Olympischen Spielen?
Viele, viele Emotionen. Stolz. Die ganzen Höhen und Tiefen, die ein Athlet so durchstehen muss, um dorthin zu kommen. Die Aufregung. Die Hoffnung, dass all die harten Jahre Arbeit es wert waren. Ob man dann erfolgreich ist, ist wieder eine andere Frage. Aber auf dem Weg dahin erlebt man so viel, das ganze Athletenleben ist schon eine tolle Erfahrung.
Sechs Übungen für einen gelungenen Skitag
Das alpine Skifahren ist eine körperlich sehr fordernde Sportart, Spitzenfahrer:innen benötigen neben der technischen Expertise auch ausgeprägte konditionelle Fähigkeiten. Vor allem Krafttraining für Rumpf und Beine sowie Dehnübungen für eine gute Beweglichkeit stehen auf dem Programm. Lara schafft Kniebeugen mit einer 120 Kilogramm schweren Langhantel. Für Hobbyskifahrerinnen und -fahrer ist das nicht zu empfehlen. Trotzdem kann man sich einiges von der jungen Skirennfahrerin abschauen. Sie zeigt uns sechs Übungen aus ihrem Training, mit denen sich jeder auf ein paar schöne Pistentage vorbereiten kann.
Die Übungen nacheinander jeweils einmal mit der angegebenen Wiederholungszahl absolvieren und je nach Fitnessgrad ein bis zwei weitere Durchgänge dranhängen.
Übung 1: Side Squat – 10 x pro Seite
Eine von Laras Lieblingsübungen. Kräftigt die Oberschenkelstrecker, dehnt die Innenseite der Oberschenkel und fördert die skispezifische Balance.
Übung 2: Side Plank – 10 x pro Seite
Tut richtig weh, sorgt aber für eine Kräftigung des gesamten Rumpfes; Beine und Schultern sind zusätzlich gefordert.
Übung 3: Skifahrerhocke – 10 x 10 Sekunden pro Seite halten
»Fühlt sich an wie Skifahren«, sagt Lara. Trainiert die Oberschenkelmuskulatur und das skispezifische Gleichgewicht.
Übung 4: Schwimmer – 10 bis 20 x
Kräftigt den Rückenstrecker rechts und links der Wirbelsäule und die Schultermuskulatur.
Übung 5: Hip Thrust – 10 x pro Seite
Trainiert die Gesäßmuskulatur und die Oberschenkelrückseite.
Übung 6: Ganzkörper-Liegestütze – 5 bis 10 x
Kräftigt Trizeps und Brustmuskulatur, aktiviert dabei aber die gesamte Oberkörpermuskulatur und fordert auch die Beine. Für Lara eine gute Vorbereitung auf den Stockeinsatz und das Wegboxen der Slalomstangen.
Text Susanne Rohlfing
Fotos Thomas Roetting, privat