Nach einem schweren Reitunfall hat Gianna Regenbrecht ihre Leidenschaft für die Para-Dressur entdeckt. Mit ihrem Pferd Tommy trainiert sie hart für die Teilnahme an den Paralympics und für ihren Traum, vor dem Schloss von Versailles zu reiten
Die Allianz und ihre Agenturen fördern Sportveranstaltungen auf allen Ebenen – vom örtlichen Jugendturnier bis zum Spitzensport. Denn Gesundheit, Inklusion und Teamgeist liegen einem Versicherer am Herzen. Seit 2021 ist die Allianz auch weltweiter Partner der olympischen und paralympischen Bewegung. Das Engagement ist auf acht Jahre ausgelegt und baut auf der seit 2006 bestehenden Zusammenarbeit mit der paralympischen Bewegung auf.
»Ich habe eine intensive emotionale Bindung zu meinem Pferd – wie in einer Beziehung zu einem Menschen. Ich bin nicht nur für mich, meinen Körper, meine Fitness und meine geistige Gesundheit verantwortlich, sondern auch für mein Pferd. Obwohl wir erst seit ein paar Monaten zusammen trainieren, möchte ich mit Tommy zu den Paralympischen Spielen nach Paris. Ein passendes Pferd zu finden, ist wie die Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen. Ich bin nicht in einer traditionellen Reiterfamilie aufgewachsen. Nur mein Opa war immer sehr pferdebegeistert. Reiten war für mich anfangs bloß ein Hobby, ich besaß kein eigenes Pferd. Ich hatte einfach großen Spaß daran und wurde immer häufiger von Leuten gebeten, ihre Pferde auszubilden. 2014 kam dann der Bruch: Ich hatte einen schweren Reitunfall. Damit endete vorerst alles. Es folgten zwei große Operationen, ein langer Krankenhausaufenthalt und eine zeitaufwendige Rehabilitation. Am Ende stand die Diagnose: inkomplette Querschnittlähmung.Trotzdem bin ich wieder aufs Pferd. Allerdings erst mal in Form einer Therapie namens Hippotherapie. Die Wärme und die gleichmäßigen Bewegungen, die vom Pferd ausgehen, sind super bei Querschnittverletzungen. Für mich war das sowohl körperlich als auch mental die richtige Therapie. Als ich mich besser fühlte, wollte ich unbedingt wieder in den Sattel und das Reiten wieder sportlich angehen. Von anfänglicher Skepsis habe ich mich nicht abhalten lassen. Meine frühere Trainerin half mir, mit meinem neuen Körpergefühl wieder reiten zu lernen. Dafür brauchte es sehr viel Geduld und sehr hohe Frustrationstoleranz.
Es ist viel Zeit vergangen. In diesem Februar jährte sich mein Unfall zum zehnten Mal, und heute höre ich oft: >Gianna, du sitzt auf dem Pferd, das ist so cool, man sieht dir dein Handicap gar nicht an.< Das ist natürlich ein großes Lob für mich. Dafür habe ich wirklich viele Stunden geschwitzt, viele Stunden im Sattel gesessen und hart gearbeitet.
Ziemlich schnell ist dann der Nachwuchsbundestrainer der Para-Dressur auf mich aufmerksam geworden und erkannte, was möglich ist. So bin ich in den Profibereich hineingerutscht und mit den Jahren reingewachsen. In der Saison 2019 haben auch wirklich alle gesehen: Oh, da geht was!
Gianna Regenbrecht
Jahrgang: 1993
Wohnort: Münster
Beruf: Medizinstudentin
Disziplin: Para-Dressur
Heimatverein: Reitverein St. Georg Wadersloh/DOKR Olympiastützpunkt
Größte Erfolge: jeweils 6. Platz bei der WM im Team und Einzel
Meine bislang schlimmste Sportverletzung: Schulterverletzung
Ritual vor Wettkampf: Pferd selbst einpflechten
Ritual nach Wettkampf: beim Pferd bedanken
Tomorrowland
Spitzname: Tommy
Alter: 7 Jahre
Rasse: Oldenburger
Größe: 1,77 m
Ein Team seit: 5 Monaten
Das liebe ich an ihm: Hat ein Herz aus Gold!
Mein Engagement in der Para-Dressur ist aber nicht nur eine sportliche, sondern auch eine finanzielle Herausforderung. Die Siegerprämien sind minimal, und es ist schwierig, Sponsoren zu finden, da der Para-Reitsport in Deutschland leider unter dem Radar bleibt. In den ersten Jahren im Nachwuchskader hatte ich ein Sportstipendium der Uni und der Sportstiftung NRW und war wirklich froh, wenn ich gerade so bei null herausgekommen bin. Ich habe viel aus eigener Tasche bezahlt, weil ich mega Bock auf den Sport habe. Und ich hatte tolle Menschen an meiner Seite, die ebenfalls richtig Lust auf diese Reise hatten. Allen voran meine Trainerin Claudia Mense, die so viele Stunden unbezahlt in mich investiert. Dafür bin ich unendlich dankbar, und sie ist bis heute meine wichtigste Unterstützung. Mittlerweile bin ich im Perspektivkader und bekomme mehr Rückendeckung, zum Beispiel von der Deutschen Sporthilfe. Aber es ist einfach ein sehr teurer Sport, da ich eben nicht nur für mich, sondern auch für meinen vierbeinigen Partner aufkommen muss. Das Pferd und mich so zu organisieren, dass wir passend Höchstformen abliefern, ist immer wieder ein Drahtseilakt. Aber ich bin sehr dankbar, dass ich seit Jahren so viele tolle Menschen an meiner Seite haben, die mich unterstützen, an mich glauben und fördern.
Aktuell gehöre ich zu einer Gruppe von zehn Reiterinnen und Reitern, die eine intensive Vorbereitung durchlaufen. Bis Juni werden vier ausgewählt, die dann nach Paris fahren dürfen. Die Paralympischen Spiele sind für mich seit vielen Jahren ein leuchtendes Ziel am Horizont. In den vergangenen Jahren habe ich mich nie getraut, das Ziel >Paris 2024< auszusprechen, weil ich es mir selbst gar nicht zugetraut habe. Die erfolgreiche Teilnahme an der WM 2022 war für mich aber ein richtiger Push, und mit meinem neuen vierbeinigen Partner Tommy nimmt das ganze Bild für mich Formen an, und ich freue mich sehr auf das kommende Jahr. Die Wettkämpfe werden vor dem Schloss Versailles stattfinden. Ich habe schon erste Aufnahmen gesehen. Die haben sich eingebrannt und sind sehr präsent in meinem Kopf. Eine Medaille zu gewinnen, wäre nicht nur die Erfüllung eines sportlichen Traums, sondern auch eine Belohnung für die harte Arbeit und mein Durchhaltevermögen.«
Protokoll Maria Dünninger
Fotos Maximilian Mann