Die Allianz Private Krankenversicherung präsentiert deutschlandweit Gesundheitstipps. Auf 1890 digital vertiefen Expert:innen das Wissen. Teil 6: Dr. Riedl über Vitamin D.
Zur Person
Dr. Matthias Riedl, Jahrgang 1962, ist ärztlicher Direktor am Medicum Hamburg, Europas größtem Zentrum für Ernährung und Diabetes. Er zählt zu den renommiertesten Ernährungsmedizinern Deutschlands, hat die App »myFoodDoctor« entwickelt und mehr als 30 Bücher über gesunde Ernährung geschrieben. Sein jüngstes Werk »Unser Essen – Killer und Heiler« war »Spiegel«-Bestseller.
Herr Dr. Riedl, was ist das Besondere an Vitamin D?
Dass unser Körper in der Lage ist, eigenständig Vitamin D zu produzieren. Und dafür braucht er lediglich Sonnenlicht – also ähnlich wie eine Pflanze, die Fotosynthese betreibt.
Warum ist Vitamin D so wichtig für unseren Körper?
Vitamin D fördert die Aufnahme von Calcium aus dem Magen-Darm-Trakt und den damit verbundenen Einbau in den Knochen. Darüber hinaus hat Vitamin D einen Einfluss auf die Muskelkraft, reguliert den Calcium-Phosphat-Stoffwechsel und ist an vielen weiteren Stoffwechselvorgängen beteiligt.
Wie wirkt sich ein Vitamin-D-Mangel auf uns aus?
Im Säuglings- und Kindesalter ist ein solcher Mangel problematisch, da die Knochen unzureichend mineralisiert werden. Das heißt, sie können sich leicht verformen und bleiben weich. Bei älteren Personen kann ein Vitamin-D-Mangel zur Entstehung von Osteoporose beitragen.
Welche natürlichen Alternativen gibt es außer der Sonne, um diese Ressource aufzunehmen?
Es gibt einige Lebensmittel, die reich an Vitamin D sind. Dazu zählen Fettfische wie Hering, Sardine oder Lachs, Margarine, Eigelb, Milchprodukte sowie Champignons.
Kann der Mensch Vitamin D speichern?
Ja. Vitamin D wird hauptsächlich im Fett- und Muskelgewebe eingelagert. Aber diese Speicher reichen maximal 50 Tage.
»Die Einnahme von Vitamin-D-Supplementen empfehle ich nur, wenn medizinisch eine unzureichende Versorgung nachgewiesen wurde.«
Dr. Matthias Riedl
Was halten Sie vom Hype um Vitamin-D-Pillen?
Die Einnahme von Vitamin-D-Supplementen empfehle ich nur, wenn medizinisch eine unzureichende Versorgung nachgewiesen und die Versorgung nicht durch natürliche Vitamin-D-Quellen verbessert wurde. Das gilt vor allem für Risikogruppen wie chronisch kranke und pflegebedürftige Menschen sowie für Personen mit dunklem Hauttyp.
Was hat der Hauttyp damit zu tun?
Dunkelhäutige Menschen brauchen eine längere Lichtexposition als hellhäutige Personen, um die gleiche Menge an Vitamin D zu bilden. Denn ihre Haut ist weniger durchlässig für UV-Licht.
Hilft der Gang zum Solarium oder der Einsatz einer Tageslichtlampe, um sich mit Vitamin D zu versorgen?
Für die körpereigene Vitamin-D-Synthese ist die sogenannte UV-B-Strahlung essenziell. Diese Strahlung ist im Solarium eher gering. Das künstliche Sonnenbad trägt also nur minimal zur Bildung von Vitamin D bei. Ich rate generell vom Besuch eines Solariums ab, da die eingesetzten Strahlen zu chronischen Hautschäden führen können. Die meisten Tageslichtlampen geben keine UV-Strahlung ab. Bei speziellen UV-B-Lampen hat die UV-Strahlung, so nah am Körper, schädliche Auswirkungen auf Augen und Haut. Eine Behandlung sollte nur mit einer entsprechenden Schutzbrille und in Absprache mit einem Arzt erfolgen.
Welcher vermeintliche Fakt über Vitamin D gehört ins Land der Legenden?
Dass ein zu langes Sonnenbad eine gefährliche Vitamin-D-Überdosierung auslösen kann. Eine Überdosierung entsteht allein durch erhöhte orale Zufuhr.
Text Steffen Geggus
Fotos Simon Koy, privat