DLRG-Mitglied Moritz RehderDLRG-Mitglied Moritz Rehder

26.07.2023

»Wenn nichts passiert, umso besser«

Die Einsatzkräfte der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft bewahrten 2022 in Deutschland 836 Menschen vor dem Ertrinken. Einer von ihnen ist Moritz Rehder. Im Interview erklärt der Rettungsschwimmer, was am Baywatch-Klischee dran ist und wie ein Tag an einem der größten Badestrände Deutschlands aussieht

Zur Person

Moritz Rehder, Jahrgang 1993, ist seit 20 Jahren Mitglied der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Als Kind kam er über das Schwimmabzeichen zum Verein. Er ist Lehrer und aktuell ehrenamtlich in der DLRG-Ortsgruppe Witten-Herbede e.V. in Nordrhein-Westfalen aktiv. Dort ist er Leiter des Bereichs Ausbildung. Er besitzt den Bootsführerschein sowie den Schein für Wachführer.

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Herr Rehder, welche Unfälle passieren am Wasser am häufigsten?
Das sind kleinere Unfälle, bei denen wir mit Pflastern aushelfen. Oft haben wir aber auch Suchmeldungen von Eltern, die ihr Kind aus den Augen verloren haben. Wenn nichts passiert, ist das umso besser. Falls doch, bleiben wir professionell ruhig und helfen.

Wie kann ich mich selbst und andere vor Unfällen bewahren? 
Gehen Sie nur an bewachten Badestellen ins Wasser. Das sind die Strandabschnitte, wo eine rot-gelbe Flagge weht. So ist die Hilfe im Ernstfall schon vor Ort. Sollte etwas passieren und kein Rettungsschwimmer in der Nähe sein, gilt: Erst Hilfe holen, dann selbst helfen. Und natürlich nur ins Wasser gehen, wenn man selbst gut schwimmen kann und sich eine Rettung zutraut. Erst nachdem man für den Eigensicherung gesorgt hat, sollte man Erste Hilfe leisten.

»Wenn die rote Flagge weht, droht Lebensgefahr.«

Moritz Rehder, Mitglied der DLRG Witten-Herbede e.V.

Die Zahlen der Kinder, die nicht schwimmen können, steigen stetig. Worauf muss ich am Badestrand besonders achten, um sie zu schützen?
Lassen Sie Kinder nie aus den Augen. Wenn ich sehe, dass ein Kind zum Beispiel allein und unbeaufsichtigt an der Wasserkante spielt, gehe ich sofort zu ihm, frage, wo die Eltern sind und spreche mit ihnen. Egal ob Pool, Meer, See oder Badewanne: Die Eltern haben die Aufsichtspflicht – auch, wenn die Kinder schon älter sind. Die Faustregel lautet: Ab dem Bronzeabzeichen schwimmt man sicher.

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Sind Küstengewässer gefährlicher als Binnengewässer?
Jedes Gewässer birgt Gefahren. Deswegen ist es wichtig, als Einsatzkraft die spezifischen Risiken eines Gewässers zu kennen. Baden und Schwimmen im Meer kann zum Beispiel gefährlich sein, weil Wind und Strömung das Wasser enorm beeinflussen. Darum ist es für Badegäste wichtig, die Bedeutung der Flaggen zu kennen, die wir am Strand aushängen: Die rot-gelbe Flagge bedeutet, dass man gefahrlos baden und schwimmen kann, denn es sind Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer im Einsatz. Die gelbe Flagge gibt das Wasser nur für Geübte frei. Weht die rote Flagge, droht Lebensgefahr.

In den 1990er-Jahren prägten David Hasselhoff und die Fernsehserie »Baywatch« das Bild eines Rettungsschwimmers. Wie sieht ein typischer Einsatztag bei Ihnen aus?
Mein Tag startet am Strand gegen 7:45 Uhr mit einem gemeinsamen Frühstück aller Einsatzkräfte. Danach folgt die Morgenbesprechung: Sind alle Schwimmerinnen und Schwimmer einsatzfähig? Wo ist wer eingeteilt? Das ist sehr wichtig, denn hinter jeder Aufgabe stecken viel Arbeit und verschiedene Herausforderungen. Die Arbeit als Rettungsschwimmer auf dem Turm ist eine ganz andere als die im Funkraum oder als Bootsführer. Wenn ich zum Beispiel auf dem Turm eingeteilt bin, bekomme ich um 9:00 Uhr den Ersatz für das verbrauchte Verbandszeug vom Vortag, Rasierschaum gegen Quallenverletzungen oder Kindersucharmbänder. Das Material wird kontrolliert und bei Bedarf aufgefüllt. Den Tag verbringe ich auf dem Turm – das bedeutet, dass ich immer die Wasserfläche im Blick habe und die Köpfe zähle, die im Wasser sind.

Im Hauptberuf sind Sie Lehrer. Wie schaffen Sie es, gleichzeitig ehrenamtlich als Rettungsschwimmer zu arbeiten?
Der sogenannte Wachdienst im Binnenland  lässt sich super in den Alltag integrieren, da ich ihn in meiner näheren Umgebung leiste. Für den Wachdienst an der Küste nehme ich mir Urlaub, den ich am Einsatzort verbringe. 2016 war ich das erste Mal an der Küste in Grömitz im Einsatz und fahre seitdem zweimal im Jahr dorthin. Wann und wie oft ich eingesetzt werde, kann ich mir aussuchen. Auch der Einsatzort ist frei wählbar: Von einer Zwei-Leute-Station bis zum Badestrand wie Grömitz mit 54 Einsatzkräften ist alles möglich. Ich mag die großen Strände, wo wir im Team arbeiten. Der Zusammenhalt vor Ort ist immer toll – wir fahren als Fremde hin und gehen als Freunde auseinander.

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Gab es einen Einsatz, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ich habe bei der DLRG schon viele Einsätze miterlebt: von aufgeschlagenen Knien über Quallenverletzungen, Suchmeldungen, Oberschenkelhalsfrakturen bis zu Reanimationen. Einsätze mit Kindern bleiben natürlich noch mehr in Erinnerung, denn hier ist immer eine besondere Emotionalität dabei. Aber genau das ist für mich das Schöne an meiner Arbeit: helfen zu können, in Gefahrensituationen da zu sein – ganz nach dem Motto der DLRG: »Niemand geht unter, wenn wir zusammenhalten«.

Text Theresa Atzl
Fotos Maximilian Mann

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