14.02.2023

Geldfragen gehen alle an

Die Generation Z macht vieles anders als frühere Jahrgänge. Doch beim Thema Vorsorge und Rente ist es wie immer: Wer jung ist, beschäftigt sich ungern damit. Und Frauen stehen schlechter da als Männer.

Mitte 20, gut ausgebildet – und an Finanzfragen nur mäßig interessiert. Wahrscheinlich würde dieser Einstieg auch dann zutreffen, wenn es um junge Männer ginge. Doch hier folgt ein Blick auf die Frauen, denn für sie ist das Thema besonders wichtig: Statistisch gesehen verdienen Frauen im Lauf ihres Arbeitslebens noch immer weniger als Männer und haben später eine niedrigere gesetzliche Rente. Obwohl sie älter werden.

Ist Frauen der Generation Z dieses Problem bewusst? Anabelen, 23, ausgebildete Hotelfachfrau, bezeichnet sich selbst als »sparsam« und ihren Konsum als »bewusst«. Johanna, 24, mit einem Bachelor in Media- und Marketing-Management, sagt: »Ich gebe gern Geld aus.« Und Jule, 19, Studentin im Fach Soziale Arbeit, erklärt: »Ich gehe gern shoppen, behalte aber immer einen Puffer für Notfälle.«

Es sind drei junge Frauen, selbstbewusst und engagiert. Sie verdienen ihr erstes Geld oder verwalten den Unterhalt fürs Studium, den ihre Eltern zahlen. 40 Jahre in die Zukunft blickt keine von ihnen, jedenfalls nicht bei Finanzfragen. Lebensversicherung?  Fonds-Sparplan? Nicht jetzt, da die Freiheit groß und der Verdienst klein ist. 

»Das ist noch so weit weg für mich«, sagt Sozialarbeit-Studentin Jule über ihre Pläne für die Altersvorsorge. Andererseits hat sie bei ihrem Minijob bewusst nicht angekreuzt, von der Abgabe für die Rentenversicherung befreit zu werden. Und sie sagt, dass sie übrig gebliebenes Geld auf ein Festgeldkonto legt und mit ihrem Vater auch schon mal über Aktien gesprochen hat: »Aber ich verstehe das alles nicht wirklich.« 

Das sogenannte Gender Pension Gap ist eine Tatsache, die sich leicht mit Zahlen belegen lässt: Männer erhalten in Deutschland durchschnittlich 1304 Euro im Monat aus der gesetzlichen Rente, Frauen 832 Euro. Diese Ungleichheit ist unter anderem eine Folge des Gender Pay Gap, also der Schieflage, dass Frauen im Durchschnitt weniger verdienen als Männer – oft wegen Teilzeit, teils aber sogar für die gleiche Arbeit. Diese Missstände bestehen nach Jahrzehnten des Bemühens um Gleichberechtigung bis heute. Es wäre ein Riesenschritt, wenn mehr Frauen zu Finanzfachleuten würden. 

Anabelen hat sich nach ihrer Ausbildung im Hotelgeschäft einen Ratgeber von Thomas Kehl und Mona Linke gekauft (»Das einzige Buch, das du über Finanzen lesen solltest«) – dann aber nur darin geblättert. Es gibt eine fast unüberschaubare Menge an Büchern, Podcasts oder Beratungsangeboten zum Thema Finanzen – und auch Daten zum Gender Pension Gap.

Die Allianz hat beispielsweise 1000 Frauen dazu befragt. Erkenntnis: Den meisten ist nicht bewusst, dass bei der gesetzlichen Rente ein Graben zwischen den Geschlechtern liegt. Der Abstand betrug laut einer Statistik des Industriestaatenbundes OECD vor vier Jahren in Deutschland mehr als 40 Prozent. Nur wer sich darüber im Klaren ist, kann das Problem angehen und versuchen, die Lücke zu schließen.

Klicken Sie sich durch die Bildergalerie: Junge Frauen und Finanzen

Bachelor-Absolventin Johanna war das Ausmaß jedenfalls nicht bewusst. »Mehr als 40 Prozent? Das erschreckt mich«, sagt sie. Ihr Vater hat einen Aktienfonds für sie angelegt, da zahlt sie hin und wieder Geldgeschenke ein, allerdings ohne sich ernsthaft damit zu befassen. »Eigentlich ist es blöd, aber ich interessiere mich nicht so sehr für das Thema.« Es sei denn, ihre Lieblings-Influencerin Diana zur Löwen widmet sich einem Geldthema.

Ohne die Qualität der Tipps zu bewerten: Populäre Ratgeber oder Social-Media-Prominente erreichen mindestens, dass sich junge Menschen mit dem Thema befassen. Und das ist wichtig, denn bei der Altersvorsorge gilt: Wer früh damit anfängt, kann auch mit kleinen Beträgen einiges erreichen. Wichtig für eine gute Lösung ist in jedem Fall Flexibilität, denn niemand weiß heute, was in den nächsten Jahrzehnten passiert. Wer welchen Beruf ergreift, Mutter wird, im Job pausiert, in Teilzeit geht, Karriere macht, einen Knick erlebt, heiratet, erbt oder noch einmal ganz von vorne anfängt, kann das nicht vorhersehen. 

Auch wenn sie nicht immer Freude bereiten: Geldfragen sind wichtig und betreffen jede und jeden. Je früher sich Menschen aller Geschlechter damit beschäftigen, desto besser.


Text
   Susanne Rohlfing
Fotos  Jörn Strojny
Video Oliver Annuß, Alexandra Maier

 

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